Wie viel Fahrspaß bietet der Oldtimer?
Alter Porsche 356: Auch heute noch sportlich?
Vor 70 Jahren schlug die Geburtsstunde von Porsche. Wie verhält sich der alte 356 heute bei sportlicher Fahrt?
In Würde altern – in einer zunehmend älter werdenden Gesellschaft ist das ein vielfach gehegter Wunsch. Manchem Zeitgenossen gelingt das sogar noch bis ins siebte Lebensjahrzehnt. Ein solcher ist der Sportwagenbauer Porsche, der in diesem Jahr eben seinen 70. Geburtstag feiern darf. Doch wie sind die einzelnen Zuffenhausener Sportgeräte mit den Jahren gealtert? Welches Fahrgefühl vermittelt ein alter Sportwagen – ist es noch eines von Sportlichkeit? Oder doch eher eines aus einer lange vergangenen Zeit?
Porsche hat anfangs Traktoren gebaut
Gerade Vorkriegswagen bieten ja ein Fahrgefühl, das heute mehr an einen LKW erinnert als an ein Auto. Von dieser Erfahrung berichtet der Oldtimer-Experte Oliver Grimme. Derartiges müssen Porschefahrer ohnehin nicht befürchten, denn die ersten Sportwagen der Marke wurden erst im Jahre 1948 zugelassen. Dafür kann man sich ja unterdessen wirklich einen Traktor von Porsche kaufen. Denn die Schwaben haben von 1950 bis 1963 über 120.000 Stück dieser Landwirtschaftsmaschinen gebaut – bis ins Geburtsjahr des 911 also.
Ein Zufall war dieser Übergang nicht, sondern die bewusste Entscheidung, sich voll auf die Fertigung von Sportwagen zu konzentrieren. So kennt man die Marke Porsche heute vor allem für diese Historie: Der einzige deutsche Hersteller, der nur Sportwagen baut.
Wie entwickelt sich der Fahrspaß in über einem halben Jahrhundert?
Aber kann man einen Sportwagen von – sagen wir – 1955 mit einem heutigen Sportwagen vergleichen? Zu jeder Zeit war und ist diese Fahrzeuggattung ja darauf ausgelegt, ein Höchstmaß an Fahrspaß und Souveränität zu bieten und den Zeitgenossen die Rücklichter am Limit des technisch Machbaren zu zeigen. Und das Limit liegt heute ja nun doch um einiges höher als vor über einem halben Jahrhundert.
Porsche 356 Roadster: Erster Porsche der Welt
Der erste Wagen, der weltweit jemals das Porsche-Signet getragen hat, kam 1948 heraus. Es war der 356 Roadster, mit dem sich Ferry Porsche den Traum vom eigenen Sportwagen erfüllte. Schon dieser Wagen ist eindeutig als Porsche zu erkennen, mit seinen charakteristischen Rundscheinwerfern vorn und dem schräg abfallenden Heck. Diese Form bildete auch die Grundlage für den Elfer. Der 356 wurde noch bis zwei Jahre nach Erscheinen des 911 gebaut, also bis 1965.
Porsche 356 Speedster, Cabrio, Coupé
In insgesamt vier Versionen kam er auf die Straße: 356, 356 A, 356 B und 356 C. Und dabei jeweils als Coupé, Cabrio, Hardtop-Coupé/-Cabrio und Speedster. Bei den Modellüberarbeitungen wurden nicht nur Details verbessert, sondern auch die Motoren und die Karosserie. Aber auch die Bremsanlage wurde als wichtiger Bestandteil eines Fahrspaß vermittelnden Sportwagens an den technischen Stand der Dinge angepasst. So verfügt der 356 C über eine Scheibenbremsanlage, anstatt der zuvor verwendeten Leichtbau-Trommelbremse. Beim Ausfahren sollte man also immer daran denken, welche Bremstechnik man an Bord hat. Denn der Bremsweg kann aus heutiger Sicht nicht mehr überzeugen.
Alter Porsche 356: Technik kommt an ihre Grenzen
Auch die Straßenlage ist so gesehen nicht mehr zeitgemäß. Das Fahrwerk mit Blattfedern sorgt dafür, dass der Bodenkontakt der Räder nicht optimal gewährleistet ist. Das zeigt sich darin, dass der Wagen bei Bodenunebenheiten zu „hüpfen“ scheint. Grip ist allerdings beim sportlichen Fahren das A und O, denn man braucht ihn nicht nur, um beim Beschleunigen die Kraft auf die Straße zu bringen, sondern auch, um in Kurven die Bodenhaftung zu behalten und nicht von der Straße abzukommen. In dieser Disziplin kommt jedoch die alte Technik des Porsche 356 spürbar an ihre Grenzen.
Alter Porsche 356: Wenig Gewicht, viel Fahrspaß?
Andererseits spricht das niedrige Gewicht von – je nach Modell – lediglich ca. 900 kg eindeutig für die alten Autos. Je weniger Gewicht man beschleunigen und abbremsen muss, desto besser ist die Fahrdynamik. Heute gelten schon Autos, die 1.400 kg wiegen, als „leichte“ Sportwagen – dazwischen liegt gleichwohl eine halbe Tonne. Natürlich liegen auch etliche PS dazwischen. Doch mit den bis zu 130 PS, die das Top-Modell der Porsche-356-Baureihe, den Carrera 2, antrieben, war man - vor allem in Verbindung mit dem geringen Gewicht - gewiss nicht untermotorisiert. Der Durchzug macht auch heute noch Spaß, auch wenn man natürlich mittlerweile mehr Leistung gewohnt ist.
Insofern ergibt sich aus der alten Technik heute auch eine andere Fahrweise, zumindest dann, wenn man nicht auf abgesperrten Rennstrecken unterwegs ist, die mit ihrem glatteren Streckenbelag und den weiten Auslaufzonen im Falle eines Fahrfehlers nicht so unbarmherzig Fahrer und Auto bestrafen. Man muss schon immer sehr weit vorausschauen, sollte Kurven nicht zu optimistisch angehen und zu enge Radien nicht mit zu hohen Geschwindigkeiten kombinieren.
Alter Porsche 356: Die ganze Faszination des Sportwagenfahrens
Die Faszination ergibt sich dann immer noch daraus, dass man sich an die Grenzen der jeweiligen Fahrphysik langsam, von unten, immer näher herantastet – und dabei auch immer mehr über das Limit seines eigenen fahrerischen Könnens lernt. In diesem Reiz, sich so nahe wie möglich an die Grenzen des eigenen Könnens heranzutasten, ohne diese Grenze zu überschreiten, liegt wohl die ganze Faszination des Sportwagenfahrens begründet.
Und diese Grenze fällt mit derjenigen des jeweiligen Autos zusammen, hinter dessen Steuer man sitzt. Was also physikalisch mit dem Auto möglich ist – und ob man es fahrerisch umsetzen kann. Nach heutigen Maßstäben bietet der Porsche 356 nicht so viel fahrphysikalische Leistung. Dazu sind sechzig, siebzig Jahre, die seit seinem Erscheinen vergangen sind, einfach eine zu lange Zeit. Er macht aber auch heute noch Spaß als Sportwagen und das aus mehreren Gründen. Er hat immer noch die richtigen Zutaten, die einen Sportwagen ausmachen. Dazu zählt freilich der Heckantrieb, sein niedriges Gewicht, ein charakterstarker Sound und last, but not least das einmalige Heritage. Zudem fordert er mit seinem typischen Fahrverhalten auch heute noch seine Sportfahrer im Grenzbereich heraus. Und das ist es doch, was Sportwagenfahren so reizvoll macht. Auch nach 70 Jahren.
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