Ratgeber
So decken Sie Tricks beim Oldtimer-Kauf auf
Einen Oldtimer kaufen als Wertanlage boomt. Darauf sollten Sie achten, damit aus Traum vom Klassiker kein Alptraum wird
Für VW-Fans war vor einigen Monaten so etwas wie Ostern und Weihnachten zugleich: In Foren machte die Nachricht die Runde, dass ein Bulli, Sondermodell Samba, im Originalzustand bei Hannover in einer Lagerhalle gefunden wurde. Zu schön, um wahr zu sein, zahlen Liebhaber doch für den T1 mit 21 Fenstern mittlerweile bis zu 100.000 Euro. Doch tatsächlich, der VW-Bus, wenn auch in einem miserablen Zustand, stellte sich als echt heraus. Das ist insofern erstaunlich, weil hierzulande solche Scheunenfunde kaum vorkommen, die Zahl der Betrugsversuche hingegen zunimmt. 2017 meldete der Marktplatz Classic Trader, dass 35 Prozent seiner Nutzer schon einmal beim Kauf eines Oldtimers über Ohr gehauen wurden. Das reicht von verschwiegenen Mängeln (80 Prozent) bis hin zu einem vertuschten Unfall (35 Prozent). Noch schlimmer ist eigentlich nur noch ein Oldtimer, der vorgibt etwas zu sein, was er nicht ist. Ein schnöder Kadett B, der sich durch eine neue Lackierung in die Rallye-Version verwandelt, ein Porsche 911, der zu einem gesuchten Carrera RS mutiert oder eben ein VW T1 Samba, von dem mittlerweile mehr Exemplare existieren, als je gebaut wurden. Fälscher sägen reihenweise Löcher für die 21 Fenster in die Dächer von Standard-Bullis, um den Preis in die Höhe zu treiben.
Oldtimer kaufen: Was Auktionen und den Gebrauchtwagenmarkt unterscheidet
Das Geschäft mit dem Betrug boomt, seit Oldtimer ein beliebte Anlageobjekte wurden. Wenn die Bank schon keine Zinsen mehr zahlt, so der Gedanke, dann kann ich mein Geld auch in etwas anlegen, das mir Spaß macht – und das Lieblingsauto meiner Kindheit kaufen. Befeuert wird das durch die Rekordpreise, die auf Auktionen erzielt werden. Dort fällt der Hammer für Oldtimer im Bestzustand bei bis zu zweistelligen Millionenbeträgen. Die Realität sieht anders aus. Fahrzeuge, die in Online-Börsen auftauchen und über Jahrzehnte in Betrieb waren, sind praktisch nie im makellosen Zustand. Im besten Fall erwartet den Käufer ein wenig Rost. Im schlechtesten ein automobiles Stückwerk, bei dem Unfälle schlecht kaschiert wurden oder das vorgibt, ein Modell zu sein, das es gar nicht ist. Folgende Tipps sollten beim Kauf eines Oldtimers unbedingt beachtet werden.
Oldtimer kaufen: Schnäppchen gibt es nicht
In den Online-Börsen tauchen Sie immer wieder auf: Auto-Klassiker zum halben Marktpreis. Für Käufer ist das verlockend. Wie schlimm kann der Zustand schon sein, wenn ich diesen Oldtimer kaufe? Und selbst wenn, habe ich immer noch finanziellen Spielraum für Reparaturen. Die bittere Wahrheit ist: Der Oldtimer-Markt ist mittlerweile zu stark angewachsen, als das es noch echte Schnäppchen zum Discounter-Preis gäbe. Taucht ein klassisches Automobil weit unter Wert auf, sollte das vor allem für Misstrauen sorgen. Wir raten eher dazu, erst einmal einige Monate den Markt zu beobachten, um ein Gefühl dafür zu bekommen, welche realistischen Preise für Modelle aufgerufen werden. Die Seltenheit einiger Oldtimer ist kein Indikator für den Wert: Nur weil es nur noch wenige Exemplare eines vermeintlichen Klassikers gibt, heißt das nicht, dass er besonders wertvoll ist. Hier bestimmt die Nachfrage den Markt. Ein Ford Granada mit 1,7-Liter-Motor und 73 PS beispielsweise, ist seltener als andere Ausführungen dieser Modellreihe. Aber einzig aus dem Grund, weil sich das zu schwache Aggregat damals nicht verkaufte - ebensowenig wie heute.
Oldtimer: Vor dem Kauf die Unterhaltskosten checken
Ein Oldtimer ist eine Sache der Leidenschaft. Trotzdem sollte beim Kauf Bedacht walten. Der Blick in die Online-Anzeigen verführt sonst schnell zu einer vorschnellen Entscheidung. Einen Ferrari Mondial aus den frühen Achtzigerjahren gibt es beispielsweise bereits für unter 20.000 Euro. Das klingt auf den ersten Blick nach einem Schnäppchen, doch spätestens wenn die ersten Reparaturen anstehen, folgt das böse Erwachen. Falls sich überhaupt Ersatzteile finden. Die Folgekosten für solche vermeintlichen Traumwagen aus dem Luxussegment können enorm sein und bis zum wirtschaftlichen Totalschaden reichen.
Kein Kauf eines Oldtimers ohne Besichtigungstermin
Ebenso sollte nie ein Oldtimer ohne vorherige Besichtigung gekauft werden. Oft winken im Ausland besonders niedrige Preise. Der Aufwand, dorthin zu gelangen, nur im sich ein Auto anzuschauen, ist natürlich hoch. Trotzdem sollte das bei echtem Interesse kein Ausschlusskriterium sein. Lehnt der Verkäufer eine Begutachtung ab, ist es an der Zeit, misstrauisch zu werden. In solchen Fällen heißt es oft: “Es gibt noch einen anderen Interessenten, aber wenn Sie eine Anzahlung leisten …”, um den Druck und die Begehrlichkeiten zu erhöhen. Von solchen Angeboten sollte unbedingt Abstand genommen werden, oft verstecken sich dahinter Betrüger und das Geld ist verloren. Stehen beim Kauf eines Oldtimers von eine privater Verkäufer oder ein Händler zu zur Wahl, sollte die Entscheidung im Zweifelsfall für den professionellen Anbieter fallen. Er ist in Deutschland zu einem Jahr Gewährleistung verpflichtet.
Beim Kauf stets die Papiere des Oldtimers checken
Ist ein Termin vereinbart, gilt es vor Ort zu prüfen, wie gut der Zustand des Oldtimers ist. Das beginnt beim Check der dazugehörigen Unterlagen wie TÜV-Abnahme, Serviceheft, Reparaturechnungen usw. Umso genauer die Historie des Fahrzeugs belegt ist, umso sicherer handelt es sich um einen guten Kauf. Zudem steigert es den Wiederverkaufswert des Oldtimers. Denn anhand dieser Papiere lässt sich feststellen, ob es sich beim angebotenen Fahrzeug wirklich um das Auto handelt, das der Verkäufer anpreist. Unbedingt sollte die Fahrgestellnummer beim Hersteller überprüft werden. Auch ein Blick auf die Wartungsunterlagen ist ratsam: Welche Reparaturen oder Restaurationen wurden an dem Oldtimer durchgeführt? Wie ist die Qualität der Arbeiten? Wurden sie von Profis durchgeführt? Bei einzelnen Werkstätten können strichprobenartig Erkundigungen eingeholt, ob der dort gespeichertn Kilometerstand mit dem in den Papieren vermerkten übereinstimmt. Das alles sind Möglichkeiten, die Authentizität des Oldtimers vor dem Kauf zu überprüfen. Je weniger dieser Unterlagen vorhanden sind, umso mehr ist gesundes Misstrauen angebracht.
Einen Oldtimer kaufen: Der Check auf der Hebebühne ist Pflicht
Sind die Papiere des begehrten Autos in Ordnung, gilt es, Schwächen und Mängel zu entdecken, um nach dem Kauf eine böse Überraschung zu verhindern. Ein Muss ist der Check auf einer Hebebühne. Ist Rost vorhanden, sind die Bleche am Unterboden fahrzeugtypisch? Wurde fachgerecht geschweißt? Sind die Nähte richtig abgedeckt? Ist das nicht der Fall, drohen Durchrostungen. Ein weiteres Verfahren ist, das Auto mit einer endoskopischen Kamera zu untersuchen. Sie spürt Rost im Inneren von Längs- und Querträgern auf. Aauch den Lack sollte auf Nachbesserungen überprüft werden. Unfallschäden oder mangelhafte Restaurationen lassen sich durch Spachtelmasse verstecken. Diese Stellen können mit einem Magnet aufgespürt, der dort nicht am Blech haftet. Noch genauer ist eine Wärmebildkamera, die mehr in die Tiefe gehen kann. Das ist insofern wichtig, als dass der Originalzustand darüber entscheidet, wie wertbeständig der Oldtimer ist. Wurden zu viele Teile ausgetauscht, kann es sogar sein, dass das Fahrzeug das H-Kennzeichen verliert.
Einen Oldtimer nie ohne Gutachter kaufen
Auch wenn der Wunsch-Oldtimer all diese Punkte mit Bravour absolviert und die oberflächlichen Checks zufriedenstellend waren, sollte vor einer endgültigen Entscheidung ein Gutachter beauftragt werden. Das kann ein Experte des TÜVs oder der Dekra sein, aber auch Oldtimer-Clubs und andere Fachorganisationen bieten diese Leistung an. Eine Kurzbewertung startet bei 150 Euro, umfangreichere Einschätzungen kosten bis zu 0,2 Prozent des Fahrzeugwertes. Das klingt auf den ersten Blick nach viel, doch der eigene Oldtimer sollte es Wert sein. Er ist schließlich nicht nur ein Traumobjekt, sondern auch eine Investition mit potenziellen Zuwachsraten. Wer damit leichtfertig umgeht, muss sich am Ende ärgern, wenn der neue Alte bereits bei der Überführung liegen bleibt.
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Rüdiger Leyens |
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